Schiedsgericht/Anträge/IS 2015-02-19
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Antrag
vom 19.02.2015 im Forum / Mail:
Antragstext:
Von eest9:
Ich stelle hiermit einen Antrag auf Auslegung der Parteidokumente in folgenden Fragen:
- Benötigt ein Wahlantritt einer Landesorganisation in einem Wahlbündnis generell einen Bundesweiten Beschluss?
- Benötigt ein Wahlantritt einer Landesorganisation in einem Wahlbündnis im Moment einen Bundesweiten Beschluss?
- Benötigt ein Wahlantritt der Landesorganisation Wien zur Wienwahl 2015 in einem Wahlbündnis einen Bundesweiten Beschluss?
Folgende Auslegungen und Parteidokumente bringen mich dazu diesen Antrag zu stellen:
https://forum.piratenpartei.at/thread-14165.html - dieser Beschreibt seine Auslegung des generellen Falles
https://forum.piratenpartei.at/thread-14107-post-137727.html#pid137727%29. - dieser Beschreibt eine alte Auslegung meinerseits zum generellen Fall aber auch die Auslegung meinerseits zur aktuellen Situation
https://forum.piratenpartei.at/thread-14166-post-138486.html#pid138486 - ein wesentlicher Auszug für die Situation in Wien.
Ich bitte darum diesen Antrag möglichst neutral zu behandeln und keinesfalls auf irgendwelche aktuelle zu formierenden Wahlbündnisse oder Wahlantritte einzugehen. Diese Verhandlung soll rein die Sachlage klären und gemäß §5.3 der SGO ablaufen. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass in der Vergangenheit schon Urteile von LSGs aufgehoben wurden die bei einer Auslegung der Parteidokumente irgendwelche Urteile gegen irgendwelche Personen gefällt haben weil das nicht die Aufgabe einer solchen Auslegung ist sondern es hier rein darum geht wie unsere Statuten zu verstehen sind.
lg eest9
Zeitlicher Verlauf
- 19.02.2015 Eingang des Antrags im SG Verteiler.
- 20.02.2015 Zurkenntnisnahme, Einberufung des LSG
- 27.02.2015 Urteil des LSG
- 27.02.2015 Berufung durch eest9
- 11.03.2015 Urteil des BSG
Weitere Ressourcen
Sitzungen
Urteil LSG
Der Senat des LSG kommt zu folgendem Beschluß:
Der Antrag IS 2015-02-19 wird als ordnungsgemäß und formgerecht nach SGO §3(2) zugelassen. Die Einberufung erfolgte nach SGO §3(1). Die Entscheidung findet durch Einzelrichter nach SGO §3(7). Die Übernahme des Verfahrens erfolgte fristgerecht nach SGO §3(5).
Der Antragsteller erbittet Klärung nach SGO §5(3) in Bezug auf folgende Fragen:
Benötigt ein Wahlantritt einer Landesorganisation in einem Wahlbündnis generell einen Bundesweiten Beschluss? Benötigt ein Wahlantritt einer Landesorganisation in einem Wahlbündnis im Moment einen Bundesweiten Beschluss? Benötigt ein Wahlantritt der Landesorganisation Wien zur Wienwahl 2015 in einem Wahlbündnis einen Bundesweiten Beschluss?
Der Antragsteller führt entsprechende Links zu entsprechenden Überlegungen auf.
Nach Studium der entsprechenden Dokumente der Piratenpartei sowie der Argumentation durch verschiedene Forenteilnehmer mit unterschiedlichen Standpunkten kommt das Gericht zu folgender Bewertung:
Satzung § 13(4) Die LGV hat auf Landesebene übertragen die Kompetenzen der BGV nach §8 (4) und entscheidet über die Landesgeschäftsordnung mit Mehrheit von mindestens 60%.
Die Aufgaben der LGV können, mit Ausnahme von Personenwahlen und geheimen Abstimmungen, auch gemäß der LDO wahrgenommen werden.
Satzung §8(4) Sie wählt die bundesweiten Wahlvorschläge und beschließt über das Parteiprogramm, inhaltliche Anträge auf Bundesebene, Budgetvoranschlag und Entlastung der Bundesorgane.
Über die Entlastung eines Organs wird als Gesamtorgan abgestimmt, sofern die BGV nicht stattdessen eine Entlastung der einzelnen Mitglieder durchzuführen beschließt.
Sie nimmt die Tätigkeitsberichte der Bundesorgane entgegen und wählt in diese entsprechend dieser Satzung;
sie kann die von ihr gewählten Mitglieder der Bundesorgane vorzeitig abwählen;
sie entscheidet über Wahlplattformen und erteilt Handlungsaufträge an BV, BGF und EBV;
sie wählt die Vertretenden in den Organisationen, deren Mitglied die Piratenpartei Österreichs ist.
Hieraus folgt, dass die LGV auf Landesebene, und ausschließlich dort dieselben Befugnisse hat wie eine BGV auf Bundesebene. §8(4) nennt dazu explizit die Entscheidung über Wahlplattformen. Weder §13(4) noch §8(4) nennen Einschränkung, z.B. durch Verweis auf die BGO zur näheren Definition oder Begrenzung.
Da die Satzung die höchste Ebene in der Hierarchie von Verordnungen und Geschäftsordnungen darstellt
Satzung §7(5): BGOs stehen unterhalb der Satzung und dürfen dieser nicht widersprechen und stehen gemeinsam mit dieser über den LGOs und einfachen Beschlüssen.
werden
BGO §9(6) Abs. 3: [ Jede LO hat die folgenden Rechte: ] selbsttätiger Wahlantritt (sofern dieser nicht in einer Wahlkooperation erfolgt),
sowie
BGO §16(2) Wahlkooperationen, Wahlbündnisse und Zusammenarbeit mit anderen politischen Gruppierungen im Zusammenhang mit Wahlen sind nur zulässig,
wenn zuvor auf der Bundesgeneralversammlung oder gemäß der LDO ein bundesweiter diesbezüglicher Beschluss mit einer Mehrheit von zumindest 70%
der abgegebenen gültigen Stimmen gefasst wurde. Derartige Kooperationen haben transparent vorbereitet und durchgeführt zu werden
als mit der Satzung unvereinbare Beschränkungen angesehen.
Aufgrund des Antrages nach SGO §5(3) zur reinen Prüfung werden die bemängelten Praragraphen nicht aufgehoben, da hierzu nach Ansicht des Gerichtes ein gesonderter Antrag nach SGO §5(2) einzureichen ist. Hieraus folgt, dass die Fragen den Antragstellers bejaht werden müssen. Die bemängelten BGO-Abschnitte lassen in diesem Bezug keine andere Interpretation zu und sind weiterhin in Kraft, bis sie explizit durch einen eventuellen Beschluß nach SGO 5(2) außer Kraft gesetzt werden.
Rechtsmittelbelehrung:
Das Gericht läßt eine Bewertung durch das BSG ausdrücklich zu, um Rücksicht auf verschiedene Sichtweisen zu nehmen und die Meinung des Einzelrichters zu bestätigen, zu widerlegen oder ergänzend zu behandeln. Hierfür wird eine Antragsfrist von einer Zeitwoche (7 Tage) ab Veröffentlichung dieses Beschlusses eingeräumt. Der Antragsteller kann öffentlich auf diese Frist verzichten, um die nachfolgenden Anträge zu beschleunigen.
Berufung durch eest9
Ganz einfach weil das Urteil in https://forum.piratenpartei.at/thread-14248-post-139369.html#pid139369 nicht zur gesamten Erklärung passt und ihr fundamental widerspricht. Es wird geurteilt, dass es einen bundesweiten Beschluss benötigt jedoch steht zuvor in der Erklärung, dass der Text aus der BGO nicht gültig ist weil er der Satzung widerspricht.
meiner Einschätzung nach benötigt es keine Aufhebung wie im Urteil gefordert da eine Aufhebung nur bedeutet, dass dieser Text aus der BGO gestrichen wird. Da aber die BGO hier der Satzung wiederspricht gilt die Satzung als höherrangiges Dokument über ger BGO. Das die BGO hier vor der Satzung gelten sollte in diesem wiedersprüchlichen Fall kann ich
nicht nachvollziehen.
BSG-Urteil
Das BSG folgt der Argumentation des LSG, aber sieht durch diese Interpretation die beanstandeten Teile der BGO als nichtig an. Den Landesorganisationen ist somit der Antritt im Rahmen einer Wahlkooperation (Wahlplattform) durch die Satzung gewährleistet. Das BSG empfiehlt, durch eine Änderung von BGO oder Satzung die Unklarheit zu beseitigen.
Das BSG legt die derzeitige SGO also so aus, dass sich die unterschiedlichen Paragraphen vor allem auf unterschiedliche Problemstellungen beziehen: die Prüfung von Parteibeschlüssen (SGO § 5.2) hinterfragt deren zustandekommen während die Auslegung von Parteidokumenten (SGO § 5.3) die Koherenz verschiedener Parteidokumente oder deren Interpretation prüft. Das Resultat einer "Auslegung" ist daher bindend, bis zur Änderung des entsprechenden Parteidokuments.
Abkürzungen
- SGO oder BSGO:Bundesschiedsgerichtsordnung
- SG oder BSG: Schiedsgericht
- LSG: Länderschiedsgericht
- BGO: Bundesgeschäftsordnung
- BGF: Bundesgeschäftsführung
- BGV: Bundesgeneralversammlung
- BV: Bundesvorstand
- EBV: Erweiterter Bundesvorstand
- ID: Internationale Delegierte
- LGV: Landesgeneralversammlungen
- LR: Länderrat
- LV: Landesvorstände
- RP: Rechnungsprüfung