Dossiers/Netzneutralität
Netzneutralität oder die Erfindung der Mercedesautobahn
In naher Zukunft wird in Brüssel über ein Thema entschieden, dass viele Menschen betrifft, aber nicht besonders berührt. Die EU Kommission wird darüber befinden, ob wirklich alle Menschen gleichermaßen die Datenautobahn benutzen dürfen, oder ob es künftig Überholspuren geben soll (1).
Daten auf der Überholspur
Wer mit dem Thema nichts anfangen kann, sollte sich mal folgendes vorstellen: Der Staat baut mit Steuergeld Autobahnen. Die Autobahnen werden mehr, die Kosten steigen, es wird privatisiert. Es treten einige Anbieter auf den Markt, die verschiedene Autobahnstrecken anbieten und diese werden gesetzlich zur Zusammenarbeit verpflichtet. Es gibt einheitliche Tarife und die Kunden dürfen die Autobahnen nutzen wie und wo sie wollen.
Nun nimmt der Verkehr auf den Autobahnen stetig zu, es kommt zu immer mehr Staus. Die Kunden beschweren sich bei den Betreibern und die Betreiber verweisen auf die hohen Kosten für Bau und Betrieb der Autobahnen. Keiner bewegt sich. Plötzlich kommt nun ein Autobahnbetreiber auf eine tolle Idee: Reden wir doch mal mit den Autoherstellern.
Informationsfreiheit am Pannenstreifen
Die Autohersteller, allen voran die Premiumanbieter mit viel Geld in der Tasche, zeigen sich gesprächsbereit. Wenn für ihre Fahrzeuge auf den Autobahnen eigene Spuren eingerichtet würden, dann sind sie bereit, am Betrieb mitzuzahlen. Es kommt zu einer Teilung der Autobahnen. Immer mehr Spuren werden für bestimmte Fahrzeughersteller reserviert, der Rest kann sich am weißen Streifen zwischen Pannenstreifen und erster Spur vorbeimogeln. Für die Autohersteller ist klar: Sie können ihren Kunden freie Autobahnspuren mit anbieten. Gegenüber den kleinen Anbietern haben sie so ein unschlagbares Verkaufsargument. Das sie sich mit viel Geld bezahlen lassen. Es ist eine Autobahngebühr über Umwege.
Für Autobahnen undenkbar
Dieses Szenario ist für Autobahnen undenkbar, wird aber aktuell für die Datenautobahnen besprochen und die Zeichen stehen gut, dass das auch so kommen wird. Reservierte Spuren für bestimmte Hersteller bringen zwar einige wenige schneller voran, der große Rest bleibt dabei aber auf der Strecke. Und das bei starken volkswirtschaftlichen Verlusten.
Infrastruktur muss für alle da sein
Infrastrukturen zählen nicht von ungefähr zu den natürlichen Monopolen, die sich dem Markt entziehen und wo klar ist, dass es Regulierung geben muss um optimale Effizienz zu erreichen. Die exklusive Nutzung für einige wenige Anbieter reduziert die Innovation und Fortentwicklung dieser Infrastruktur und setzt völlig falsche Anreize für die Zukunft.
